2. Mai 2024

November-Blues?

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

als welkten in den Himmeln ferne Gärten.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde

aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.

Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen

unendlich sanft in seinen Händen hält.

(Rainer Maria Rilke,1875–1926)

An diese Zeilen von Rilke muss ich oft denken, wenn im November die Blätter der Bäume orange und braun und gelb geworden sind und sich aus den Kronen der Bäume lösen, manchmal wie ein bunter Blätterregen. Der November ist in unseren Breiten von Natur aus eine melancholische, stille Zeit, die uns vor Augen führt, dass die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen ist – auch wir. Doch da ist einer, der uns „unendlich sanft in seinen Händen hält“. Egal, ob wir glauben zu fallen, ob wir krank oder gesund oder sorgenvoll oder fröhlich sind: Gott ist für seine Kinder da und stützt und hält und ermutigt uns. Vielleicht sind wir verzagt, wenn wir auf die Weltlage schauen: Ein furchtbarer, gnadenloser Terroranschlag in Israel – das größte Pogrom seit der Shoah; das Leiden der Zivilbevölkerung in Gaza; die Ukraine, die sich schon seit 20 Monaten verzweifelt gegen den russischen Angriffskrieg wehrt; der Krieg im Sudan mit 700.000 unterernährten Kindern … großes Leid, wohin man schaut. Und mit den Menschen leiden auch die Schöpfung und alle Mitgeschöpfe. Was können wir da schon tun?, fragt sich sicher so mancher von uns. Der Monat November hält da einige Antworten für uns bereit: Verschließe nicht dein Herz, auch wenn es schwer ist, sondern lass dich vom Geschick der Leidenden bewegen – sanftmütig, nicht wuterfüllt. Daran erinnert uns der stille Volkstrauertag am 19.11., zum Gedenken an die Opfer von Gewalt und Krieg in allen Völkern. Hör nicht auf, Gott zu bitten und anzuflehen um seine Hilfe für die Krisenherde dieser Welt, für leidende Menschen und die leidende Natur. Und bete nicht ärgerlich, sondern demütig, in dem Wissen, dass sich in uns allen zuweilen tiefe Abgründe auftun. Daran erinnert uns der Buß- und Bettag am 22.11. Und der Ewigkeitssonntag bzw. das Christkönigsfest, das wir am 26.11. feiern, ermutigt uns: Sieh das Leid und die Ungerechtigkeit in der Welt und in deinem eigenen Leben vor dem Hintergrund der Ewigkeit. Gott ist immer noch der Herrscher der Welt. Christus wird als König wiederkommen. Und in der Zwischenzeit tun wir das, was Gott uns aufträgt zu tun, und beten dafür, dass wir ein Licht in dieser dunkler werdenden Zeit sein können.

Jesus sagt: Lasst doch das, was euer Leben hell gemacht hat, auch anderen zugutekommen! So merken sie, wie ihr euch für das Gute einsetzt. Dann werden sie dafür Gott die Ehre geben, ihm, der über allem thront und der doch der Vater von jedem Einzelnen von euch ist. (Matthäus 5,16)

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