8. Mai 2024

Sommer-Symphonie

Der Sommer ist da und mit ihm „eine Symphonie in Grün, durchpulst von Licht und Duft und Glanz“, wie Selma Merbaum dichtete (Sommer 1941, Czernowitz). Wenn wir jetzt durch Gärten, Felder, Wiesen oder den Wald gehen, dann gibt es tausend Dinge zu bestaunen, zu fühlen und zu riechen. Dabei spürt sicher mancher eine unerklärliche Sehnsucht in sich aufsteigen. „Der Duft der Dinge ist die Sehnsucht, die sie uns nach sich erwecken“, schrieb einst Christian Morgenstern. Wie wahr. Ich denke, die Sehnsucht, die wir in solchen Momenten spüren, ist die Sehnsucht nach Schönheit, nach Erfüllung, nach Leben … und letztlich nach Gott, dem Schöpfer aller Dinge. Er hat diese Sehnsucht in uns hineingelegt, damit wir ahnen: Das, was wir sehen, hören, fühlen, schmecken, riechen, – das ist nicht alles. Unsere Welt, so schön sie immer noch ist (trotz allem Leid, was wir ihr zufügen), weist über sich hinaus auf etwas, das noch aussteht. Etwas, auf das wir keinen Zugriff haben. Das wir nicht kaputtmachen können. Etwas, zu dem wir nur Zugang finden durch Gott, der sich in Jesus über uns erbarmt hat: Gottes neue, vollkommene Welt. Eine Welt, die wir noch nicht sehen können, deren Duft aber manchmal schon zu uns herüberweht. Eine Welt, die wir allenfalls erahnen. C.S. Lewis hat einmal versucht, einen fiktiven Blick (in: „Die große Scheidung“) in die neue Welt Gottes zu werfen: „Das Licht und die Kühle, die mich durchflutete, erinnerten an einen Sommermorgen (…) Ich hatte das Gefühl, als wäre ich in einem weiteren Raum (…): als wäre der Himmel höher und die grüne Ebene weiter (…). Ich war ins Freie gelangt.“ In dieser Sommerzeit, in der wir uns so gerne draußen aufhalten, können wir genau da, wo wir gerade sind, immer wieder Gott suchen und bitten – für unsere Mitmenschen, für die Weltlage, für seine Schöpfung, für uns selbst. Und wenn uns die Worte fehlen, ist das kein Grund zu verzweifeln. Rabbi Nachman von Brazlaw, der im 18./19. Jahrhundert in der Ukraine lebte, sagte einmal: „Geh hinaus in die Felder, sooft du kannst, und bete. Alle Gräser werden in dein Gebet einstimmen und dir Kraft geben, Gott zu loben. Wenn dir die Worte fehlen – verzweifle nicht. Komm Tag für Tag zurück in die Abgeschiedenheit und warte. Allein, dass du mit Gott sprechen möchtest, ist sehr wertvoll. Und wenn du zu Gott bloß sagen kannst: „Hilf!“, ist das gut. Wiederhole es wieder und wieder, bis Gott dir den Mund öffnet und die Worte aus deinem Herzen zu fließen beginnen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert