19. April 2024

November – tiefer sehen

Nun ist es mit der Zeitumstellung auf die Winterzeit plötzlich sehr viel früher dunkel. Die wärmeren, goldenen Herbsttage des Oktobers sind vorüber und die eher melancholische Herbststimmung des Novembers ist eingezogen. Die letzten Blätter fallen von den Bäumen, Nebel hängt über Wiesen und Wäldern und die Temperaturen wandern nachts deutlich in den einstelligen Bereich. Aber auch der „Nebelmonat“ muss nicht trist und grau sein. Gott hat ihm in unseren Breiten seine ganz eigene Schönheit verliehen. Vielleicht können wir ihn darum bitten, uns die Augen zu öffnen und dankbar wahrzunehmen – die letzten Schlehen, Ebereschen oder Hagebutten am Strauch, die viele Vögel nähren; die Pflanzen und Bäume, die sich auf eine Ruhepause vorbereiten, um im Frühjahr mit neuer Kraft wieder zu erwachen; die Kraniche, die in bewundernswerter Formation in den Süden fliegen, denen wir mit etwas Wehmut nachwinken und die wir im Februar wieder begrüßen dürfen. Aber natürlich gibt es auch manches in der Natur oder der Tierwelt oder in unserem Garten vor der Haustür, das stirbt und nicht wieder zum Leben erwacht. Der November konfrontiert uns mit der Schönheit und dem Wert des Vergänglichen. Mit seiner kargen, melancholischen Anmut lädt er uns ein, tiefer zu sehen, jenseits bunter Sommerfarben und süßer Frühlingsdüfte, still zu werden und uns wieder neu dem Ursprung und Ziel aller Dinge zu nähern: Unserem Schöpfer, unserem Vater im Himmel, Gott – „…denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ (Röm 11,36). Der November lädt uns ein, unsere Vergänglichkeit zu umarmen und von ganzem Herzen zu hoffen und zu glauben:

„Wir wissen ja: Unsere Behausung hier auf der Erde, das Zelt, der Körper, in dem wir wohnen, vergeht. Aber wir besitzen ein Heim, das von Gott kommt, ein Haus, das nicht von menschlichen Händen erbaut wurde, sondern ewig in der Himmelswelt besteht.“ (2. Kor 5,1)

Die Feiertage im November laden uns in besonderer Weise zum Stillwerden, zur Einkehr, zur Umkehr und Neuausrichtung auf Gott ein – so der Volkstrauertag zur Erinnerung an die Gefallenen der Weltkriege und die Opfer von Gewaltherrschaft und der Buß- und Bettag. Der Ewigkeitssonntag (auch „Totensonntag“ oder „Christkönig“) richtet unseren Blick auf Jesus, der uns in der Ewigkeit begegnen wird als Christus, unser König. Und ganz am Ende dieses Monats November zeigt sich noch ein ganz besonderer Lichtblick: Der Advent beginnt und füllt uns mit Freude über den „nahen Gott“, der im Kind Jesus erscheint und uns die Kindschaft schenkt.

„Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (1. Joh 3,2)

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