12. Dezember 2024

Was wir dem Leid entgegenhalten können

„Ich bin Gott so dankbar und will ihm jetzt vor euch allen meine Dankbarkeit ausdrücken, dass er mir dieses wundervolle Geschenk gegeben hat – meinen Sohn Hersh. 23 Jahre lang hatte ich die unglaubliche Ehre, seine Mutter sein zu dürfen. Ich nehme dieses Geschenk dankbar an. Ich wünschte nur, ich hätte es für länger haben dürfen …“

Diese Worte von Rachel Goldberg-Polin auf der Trauerfeier für ihren Sohn Hersh haben mich tief bewegt. So viel Dankbarkeit Gott gegenüber – im Angesicht unaussprechlicher Trauer und unermesslichen Verlustes. Wie hätte ich reagiert? Hätte ich Gott angeklagt, Gott beschimpft, ihm abgeschworen? Ich weiß es nicht.

Sechs junge Menschen, monatelang in Gaza von der Terrororganisation Hamas festgehalten, konnten am 1. September nur noch tot von israelischen Soldaten in einem unterirdischen Tunnel geborgen werden. Grausam exekutiert von ihren Entführern, nur wenige Tage vor ihrer Befreiung. Hersh war einer von ihnen.

So viel Leid. So viel Verlust. In Israel. Und in Gaza. Im ganzen Heiligen Land. So viel Dunkelheit, die das Land und seine Menschen zu umfangen scheint. Und doch: Da ist eine Mutter, die um ihr Kind trauert, und dennoch an Gott festhält. Da ist ein Vater, der seinen Sohn Hersh durch einen unglaublichen Akt der Grausamkeit verloren hat, und dennoch fragt: Wie können wir den Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt beenden? Wie können uns die Entscheidungen, die wir heute treffen, in eine bessere, gesegnetere Zukunft führen? Das beeindruckt mich. Wenn der Glaube an den Gott Israels das bewirken kann, dann ist alles möglich. Auch eine bessere Zukunft für alle Menschen des Heiligen Landes. Als Christ glaube ich, dass der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs in Jesus Mensch wurde. Und wie schon die frühen Christen nehme ich die Worte aus dem 9. Kapitel des Buches Jesaja als einen Hinweis auf den Messias Jesus: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“ Dieser Friedefürst ermutigt uns: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Mt 5,16)

Dankbarkeit Gott gegenüber; Vertrauen auch im Angesicht widriger Umstände; Hoffnung; der Wille, mit Gottes Hilfe an einer gesegneten, besseren Zukunft zu bauen … das sind einige der „Lichter“, die auch wir anzünden können, um die Dunkelheit und Verwirrung dieser Tage aufzuhellen und Wege in eine gesegnete Zukunft aufzuzeigen.

Vielleicht erst einmal für die Menschen um uns herum. Denn wir können nicht die ganze Welt verändern.

Leo Tolstoi sagte einmal: „Alle denken nur darüber nach, wie man die Menschheit ändern könnte, doch niemand denkt daran, sich selbst zu ändern.“

Dabei sind es doch „die kleinen Dinge, alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit fernhalten. Einfache Taten der Güte und Liebe.“ (aus: Der Hobbit)

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